Frauenmagazine berichten oft von erfolgreichen Neustarts von Frauen 50plus – speziell im Berufsleben. Wie aber sehen die Berufschancen und Herausforderungen für Ältere wirklich aus? Interview mit Martina in Köln, die das gerade erlebt.
Frauen ab 50 haben einiges zu bieten. Angeblich sind es auch gerade sie, die immer häufiger den Reset-Knopf drücken und eine Lebenswende wagen. Viele wünschen sich, in ihren künftigen Berufsjahren eine sinnvollere Tätigkeit auszuüben oder eine neue Herausforderung zu meistern. Meine Freundin Martina, wohnhaft Nähe Köln, arbeitete selbständig als PR-Frau und wechselte vor kurzem in ein Unternehmen.
FrauenSalon: Warum hast du dich gerade jetzt beruflich neu orientiert?
Martina: Eigentlich hatte ich nur vorgehabt, meine Freiberuflichkeit wieder etwas deutlicher auszubauen. Die letzten Jahre habe ich als Honorarkraft eher Assistenzarbeiten für einen Verband übernommen. Nach sechs Jahren dort gab es dort nichts Neues oder Spannendes mehr für mich. Dass mein jetziges Unternehmen mir beim Akquisegespräch eine Festanstellung anbot, hat mich erst einmal fast überrumpelt.
FrauenSalon: Es heißt, Menschen über 50 sind auf dem Arbeitsmarkt schwer vermittelbar. War es ein Problem, etwas Neues zu finden?
Martina: Oja, das kann ich absolut bestätigen. Schon vor der Verbandsarbeit war ich eigentlich auf der Suche nach einer festen Stelle. Ich bin damals noch nicht einmal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden und dass obwohl meine Bewerbungsunterlagen immer genau auf die betreffende Stelle passten.
FrauenSalon: Hattest du in deinem Bewerbungsgespräch das Gefühl, dass gerade deine Erfahrung und Kompetenz auschlaggebend für deine Einstellung waren? War Dein Alter ein Thema?
Martina: Bei meiner jetzigen Firma war das witzigerweise alles ganz anders. Die waren sehr beeindruckt von meiner langen Berufserfahrung und hatten überhaupt kein Problem damit, dass ich nur weniger Jahre meiner mittlerweile über 25jährigen Berufstätigkeit überhaupt festangestellt gearbeitet habe.
FrauenSalon: Wie war der Einstieg? Was lief leicht, was fiel schwer? Und hatte das irgendwas auch mit Deinem Alter zu tun?
Martina: Ich hatte erst ein bisschen Sorge, ob ich das kräftemäßig überhaupt noch schaffen würde, jeden Tag acht Stunden am Schreibtisch zu sitzen. Immerhin habe ich mir eine 30-Stunden-Woche ausbedungen, die ich an vier Tagen pro Woche abarbeite. Ein Tag davon ist vom Homeoffice aus. Aber dann ging es erstaunlich gut. Allerdings muss ich auch dazu sagen, dass wir eine sehr moderne Unternehmenskultur haben. Das heißt zum Beispiel, dass wir Vertrauensarbeitzeit haben, jeder schreibt seine Stunden auf. Das wird aber nicht kontrolliert. Meinen Homeoffice-Tag kann ich flexibel schieben, je nach Terminlage im Büro oder auch privaten Terminen. Als es jetzt so heiß war die letzten Tage, konnte ich mich sehr schlecht konzentrieren im Büro. Zudem habe ich eine sehr lange Anfahrt. Da bin ich einfach einen weiteren Tag zu Hause geblieben und habe in meiner angenehm kühlen Altbauwohnung deutlich mehr geschafft.
Schwierig war – und ist es immer noch – das Teamverständnis dort. Wir haben sehr flache Strukturen. Entscheidungen fallen im Team, nicht durch den Vorgesetzten. Das bedeutet umgekehrt aber auch, dass meine Beiträge zum Projekt von allen noch einmal begutachtet werden. Für mich fühlt sich das immer an, als würde meine Kompetenz in Frage gestellt, aber wahrscheinlich ist es einfach die Art zu arbeiten. Mein Alter ist dabei eigentlich kein Thema.
FrauenSalon: Das Durchschnittsalter deiner KollegInnen ist 35 Jahre. Macht sich der Alters- bzw. Generationsunterschied bemerkbar? Und wenn ja wie? Was findest du gut bzw. weniger gut?
Martina: Ich muss wirklich versuchen, nicht zu viel darüber nachzudenken. Viele der jungen KollegInnen könnten theoretisch meine Kinder sein. Deren Eltern sind teilweise jünger als ich! Das ist schon ein komisches Gefühl. Andererseits ist es für die jungen Leute offenbar überhaupt kein Thema. Deshalb versuche ich auch, daraus keines zu machen.
Insgesamt kommen die KollegInnen mir allerdings recht unbeschwert vor. Sie erinnern mich an uns in dem Alter. Jetzt klinge ich aber wirklich ein bisschen alt, oder?!
FrauenSalon: Jüngere haben oft ein anderes Verständnis vom Leben, von Kommunikation. Folgst du der „jungen“ Schiene oder bringst Du eher Deine Stil ein? Gibt es überhaupt Herausforderungen oder Probleme in der Zusammenarbeit, die sich auf den Altersunterschied zurückführen lassen?
Martina: Die KollegInnen sind schon alle sehr selbstbewusst. Ehrfurcht vor meiner langjährigen Erfahrung gibt es eher nicht. Jede Frage wird gemeinsam verhandelt. Nur auf meine Empfehlung hin, wie etwas gehandhabt werden sollte, wird da nichts gemacht. Also ist das Alter in beide Richtungen ohne Bedeutung.
FrauenSalon: Würdest du nochmal wechseln?
Martina: Ja, absolut!
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