Positiv draufsein. Das eigene Mindset optimieren. Glücklichsein um jeden Preis. Selbst auf den Produkten einer bekannten Teemarke wird mit Glück geworben. Langsam nervt es. Ein Buchtipp.

Vor kurzem war „Glück“ im Frauensalon bereits Thema. Und es begegnet uns allerorts. Vor allem die guten Ratschläge. „Lerne, das Glas halbvoll, nicht halbleer zu sehen“, „Schreibe dir täglich fünf gute Dinge auf, die du erlebt hast“, „Du kannst alles sein, wenn du nur genug an Dich glaubst“. Offen gesagt, langsam nervt es mich. Und endlich habe ich jemanden entdeckt, der genauso denkt und darüber sogar schreibt: Juliane Maria Schreiber in ihrem Buch „Ich möchte lieber nicht – eine Rebellion gegen den Terror des Positiven.“

Schreiber findet, dass Glück zu einem Fetisch geworden ist. Dauernd würde man und frau aufgefordert positiv, statt negativ zu denken, selbst auf Duschgels oder Tees. Ihr geht es anscheinend so wie mir: ich möchte ja gerne, aber Glück kann man eben auch nicht herbeizaubern. Und selbst, wenn ich jeden Morgen „be happy“ singe, Körper, Seele und Geist mit himmlichen Energien beriesle oder nur noch linksgedrehten Joghurt esse wird es nicht automatisch besser.

Schreiber meint, die Aufforderung, ständig an sich selbst zu arbeiten, um noch glücklicher zu werden, führe zudem zum Eindruck, dass Glück eine Entscheidung sei – ergo das Unglück selbst gewählt ist. Sie sagt: „Wir denken in unserer Leistungsgesellschaft oft: Oh, der hat sein Leid auch irgendwie verdient. Und ich glaube, das ist gefährlich.“ Ich teile diese Meinung.

Dass wir Glück nicht „erarbeiten“ können, wissen wir alle. Und ist es manchmal nicht auch extrem wichtig, seinen Schmerz, sein Leid, seine Wut zuzulassen und anzunehmen. Denn alles, was wir fühlen, gehört zu uns, macht uns aus. Verdrängen wir es, wird das Gefühl stärker.  Und kann da nicht auch mal – gemäß Voltaire – die einfache Abwesenheit von Unglück genügen, um zufrieden zu sein? Juliane plädiert dafür, sich dem Glücksdiktat zu verweigern,  mehr zu Fluchen, auch mal wütend zu sein und den Impuls abzulegen, aus jedem Schlechten auch etwas Positives ziehen zu müssen. Na, wie hört sich das für Euch an?

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