Fußbälle sind rund. Aber nichts für Frauen. Meinen die Männer. Von wegen, kontert Bianka. Von Frauen, Fußball und Emanzipation.

Samstag spielt die Eintracht. Danach wird gegrillt. Bratwürste, Schwenksteaks oder Leiterchen? Bianka* ist unschlüssig, was sie einkaufen soll.

An ihrer Kleidung erkennt man gleich, für wen ihr Herz schlägt. Seit sie denken kann, ist die 59-jährige Eintracht-Fan. Mit ihrer Tochter Kim gründete sie 2013 die EFX Adler Bembel Girls – ein offizieller Fanclub der Eintracht Frankfurt. Die Gruppe von über 30 Frauen zwischen 6 und 82 Jahren teilen eine große Leidenschaft: die Liebe zum Verein. Bei jedem Heimspiel kann man sie in der Nordwestkurve des Stadions treffen. Bei Auswärtsspielen reist immer eine mehr oder minder große Gruppe mit. Zu erkennen sind die Eintracht-Anhängerinnen an ihren Sweat-Jacken und Shirts bedruckt mit dem Fanclub-eigenen Emblem. „Es wird immer Machos geben, die meinen, dass Frauen beim Fußball nichts zu suchen haben. Und als Gruppe schon gar nicht. Aber das interessiert uns nicht“, sagt Bianka. „Wir sind stolz auf uns.“

Das kann sie auch sein. Denn selbst wenn inzwischen auch viele weibliche Fans der deutschen Elf bei der letzten WM mit schwarz-rot-gelben Fähnchen zujubeln: Eine Grund-Skepsis gegenüber ‚Frauen und Fußball‘ hält sich hartnäckig. „Frauen interessieren sich doch nur für die Sixpacks der Spieler.“ „Ihnen fehlt fußballerischer Sachverstand.“ „Für Frauen ist Fußball doch nur ein Spiel.“ Diese Vorbehalte kommen Männern leicht über die Lippen.

Dabei fing alles mal ganz anders an

Bilder aus der Frühzeit des Fußballs in Deutschland zeigen, dass der Sport vor dem Ersten Weltkrieg die gutbürgerliche Mittelschicht auf den Platz lockte und zwar inklusive Frauen. Auch in den 1920er-Jahren, als längst Tausende von Zuschauern die Stadien füllten, waren Frauen dabei. Frauen spielten schon damals selbst Fußball – in England anfangs sogar mit Männern in einer Mannschaft.

Als der Frauenfußball in anderen europäischen Ländern zu dieser Zeit seinen ersten Höhepunkt erreichte, wurde der Sport in Deutschland für Frauen verboten. Fußball, so steht es im DFB-Jahrbuch von 1920, kennt „keine weibische Weichlichkeit, kein ängstliches Zagen, keine Empfindelei“. Fußball braucht eben richtige Männer. So sah es der DFB selbst noch 1955 als er seinen Mitgliedsvereinen untersagte, Frauenfußball anzubieten. Erst Ende 1970 hob der DFB das Frauenfußballverbot auf. Heute hat der Verband über 1,1 Mio. weibliche Mitglieder. Und auch unsere deutsche Frauen-Nationalmannschaft spielt erfolgreich: 2003 und 2007 wurde Deutschland Weltmeister. 2015 belegten wir Rang 4.

Die Zeiten ändern sich – nur schwer

2018. Im offiziellen FIFA-WM-Trailer jongliert eine Frau eine Handtasche – keinen Ball. Sportkommentatorin Claudia Neumann muss sich unsachliche, miese, sexistische Kommentare anhören. In den Frauen/Boulevard-Zeitschriften häufen sich die Bildergalerien: Die schönste Spielerfrau; Die süßesten Spieler der EM; Styling-Tipps fürs Stadion. Und beim Public Viewing muss so manche Frau dumme Anmachsprüche wie „He, Süße, soll ich dir mal die Abseitsregel erklären?“ über sich ergehen lassen.

Den zahlreichen fußballspielenden Frauen geht es wenig besser. Oft genug werden sie mit Klischees, Vorurteilen, bösen Anfeindungen und Sexismus überhäuft. Zicken, Kampflesben, Mannsweiber. Entsprechend weit entfernt sind die Gagen der Profifrauen von denen der Schweinsteigers & Co. Wenn der Besucherschnitt der Männer in der Bundesliga bei 40 000 liege, haben die Frauen gerade einmal 845. Auch die Sportschau folgt seit Jahren ungebrochen die Geschlechterklischees von anno dazumal. Ob Dunya Hayali, die seit diesem Sommer die Sendung kommentiert, daran was ändern kann? Frau mag es bezweifeln, denn Emanzipation scheint im Männersport Fußball noch nicht wirklich angekommen zu sein.

Die Moral von der Geschichte? Männer sind Chauvinisten – jedenfalls samstags beim Fußball. Wie gut, dass Bianka und ihre Adler Bembel Girls das völlig wurscht ist. Schade nur, dass sie nicht einer weiblichen Mannschaft zujubeln.

von Hilde

*Bianka – bei Tegut kennengelernt und ins Gespräch gekommen